„Lass uns doch mal anfangen, zu bloggen, um mehr Kunden zu gewinnen“. So oder ähnlich fangen gescheiterte Content-Marketing-Initiativen an. Nach ein paar Monaten kommt nichts dabei rum und das Vorhaben verschwindet wieder in der Versenkung.
Wie bei so vielen Dingen ist es keine gute Idee, loszulegen, bevor du ein konkretes Ziel und ohne zumindest eine grobe Vorstellung hast, wie du es erreichen kannst. Bevor du also anfängst, regelmäßig Content zu veröffentlichen und nennenswert Zeit und Geld zu investieren, solltest du eine Content-Marketing-Strategie haben.
Wie entwickelst du eine solche Strategie? Wie vermeidest du, dass du dich in Theorien verzettelst oder eine „falsche“ Strategie herauskommt? In diesem Artikel beschreibe ich einen pragmatischen Prozess, wie du zu einer Content-Marketing-Strategie kommst, die dich wirklich weiterbringt.
Die einzelnen Aufgaben und Hintergründe zur Strategieentwicklung habe ich bereits in anderen Artikel beschrieben. Ich verlinke sie hier und knüpfe die losen Fäden zusammen.
Häufige Fehler bei der Content-Marketing-Strategie
Vorbehalte gegen Strategieentwicklung gibt es viele; diese entspringen meist einem falschen Verständnis von Strategie oder schlechten Erfahrungen, die aus Fehlern resultieren. Dazu gehören:
- Bei einer Strategie denken viele an ellenlange Dokumente mit theoretischen Abhandlungen und an Hochglanz-Präsentationen von Werbeagenturen, die viel Geld gekostet haben, aber nachher nur in der Schublade liegen.
- Die Strategie enthält reines Wunschdenken. Sie wurde im stillen Kämmerlein von der Geschäftsführung erdacht, mit den wildesten Vorstellungen gefüllt und bunt ausgemalt. Sie hat nichts mit der Realität zu tun und erweist sich im Alltag als unbrauchbar.
- Die Strategie mag vielleicht durchdacht und sinnvoll sein. Doch es fehlt die Erfahrung, wie man aus dieser Strategie umsetzbare Pläne und Aufgaben ableitet.
- Die Strategie wurde einmal erarbeitet – vor Jahren. Sie wird stur verfolgt, obwohl sich der Markt gewandelt hat. Alle sind so im Tagesgeschäft gefangen, dass niemand Zeit und Lust hat, die Strategie zu hinterfragen.
Bei euch soll es nicht so laufen? Dann lies weiter. Ich erkläre dir, wie du in einzelnen, nachvollziehbaren Schritten vorgehst.
Das Ziel definieren
Wenn du kein Ziel hast, kommst du nie dort an. So heißt ein Sprichwort, das zu hundert Prozent wahr ist, auch im Content-Marketing. Was ist dabei dein Ziel? Klar, Kunden gewinnen, mehr verkaufen, und so weiter, bla, bla. Das reicht aber nicht.
Lies diesen Artikel, um mehr über Ziele im Content-Marketing zu erfahren.
„Ich möchte in 6 Monaten pro Monat 5 organische Leads über meinen Blog gewinnen“. Das wäre ein konkretes Ziel. Allerdings gibt es dabei zwei Probleme:
- Wenn du noch kein gut laufendes Content-Marketing hast, sind solche Ziele komplett aus der Luft gegriffen; es sind Wünsche, keine Ziele.
- Ein Ziel wie dieses hilft dir nicht viel bei der Strategieentwicklung. Es ist später ein gutes Ziel, um deine einzelnen Maßnahmen zu planen.
Damit wir weiterkommen, gebe ich dir ein Ziel für dein Content-Marketing vor – dein übergeordnetes, langfristiges Ziel:
Dein Ziel ist, Content für JEDE mögliche Frage deiner Zielgruppen zu produzieren, die im Laufe der Customer Journeys aufkommen.
Warum? Du möchtest über deinen Content potenzielle Kunden auf dich aufmerksam machen, zum Kauf animieren und als Kunden halten. Das heißt, für dich ist nur Content zu Fragen oder Themen relevant, der zu diesen Zielen beiträgt. Wenn du alle Fragen beantwortet hast, die Interessenten oder Kunden je stellen, dann bräuchtest du (theoretisch) keinen neuen Content mehr produzieren.
Klingt komisch, ist aber so.
(Das trifft natürlich nicht auf Marken zu, die hauptsächlich auf Unterhaltung setzen, ihre Zielgruppen täglich mit Inhalten bespaßen und Millionenbudgets verbraten. Aber die googeln auch nicht nach „Content-Marketing-Strategie“.)
Wenn du auf dieses Ziel hinarbeitest und nicht gerade alles falsch machst, wirst du mit der Zeit auch Ergebnisse sehen, mit denen du weiterarbeiten kannst.
Deine Strategie wird dir die Richtung vorgeben, wie du dieses Ziel erreichen kannst.
Wenn du dir unter einer Customer-Journey noch nichts vorstellen kannst: Hier ist meine ausführliche Erklärung zur Customer-Journey. (Richtet sich zwar an speziell B2B-ler, die Erklärungen sind jedoch für alle geeignet.)
Woraus besteht deine Content-Marketing-Strategie?
Mit deiner Strategie musst du nun die zwei wesentlichen Fragen beantworten, die das oben genannte Ziel aufwirft:
- Wer sind deine Zielgruppen? Anders ausgedrückt: Für wen produziert du Content?
- Welche Fragen haben deine Zielgruppen im Laufe der Customer Journeys? Anders ausgedrückt: Zu welchen Themen und Fragen produzierst du Content?
Um diese beiden Hauptfragen zu beantworten, kannst du zwei Tools verwenden. Diese stelle ich dir jetzt vor.
Wer? Zielgruppe, ICP und Personas
Das „Wer“ beantwortest du mithilfe mehrerer Tools:
Im B2C (Verkauf an Konsumenten) definierst du deine Zielgruppen am besten anhand von Kunden-Personas. Sie sind die bessere Alternative zu schwammigen Zielgruppenbeschreibungen wie „Moderne Frauen zwischen 19 und 39“. Personas orientieren sich weniger an Äußerlichkeiten, sondern an den Problemen von Menschen, die du mit deinem Angebot lösen kannst.
Warum du Personas nutzen solltest und wie du sie entwickelst, beschreibe ich in einer ausführlichen Anleitung.
Im B2B (Verkauf an Unternehmen) eignen sich Personas ebenfalls, um die Entscheider in den Unternehmen zu beschreiben. Allerdings benötigst du hier noch eine Definition, welche Art Unternehmen du überhaupt ansprechen möchtest: dafür solltest du Marktsegmente und/oder sogenannten Ideal Customer Profiles (ICP) erarbeiten. Die Links führen zu den jeweiligen Anleitungen dazu.
Es kann einige Wochen dauern, bis du ICP und/oder erstellt hast. Viele Marketingabteilungen stehen dabei vor der Herausforderung, dass sie ihre Zielgruppen nicht gut genug kennen, um gute Personas zu erstellen: entweder, weil sie selbst wenig Kontakt mit den Kunden haben, oder weil sie einen Markt ganz neu erschließen möchten.
In diesem Fall empfehle ich, Kunden- bzw. Zielgruppeninterviews durchzuführen, um diese Wissenslücke zu schließen. Auch für Kundeninterviews habe ich eine hilfreiche Anleitung geschrieben.
Wenn die erste Version deiner Personas fertig ist, kannst du weiter im Prozess gehen.
Was? Customer-Journey-Content-Map
Mit der Customer-Journey-Content-Map beantwortet du die zweite der oben genannten strategischen Fragen, nämlich um welche Themen sich dein Content drehen wird.
Diese Methode ist wesentlich effektiver als einfache Brainstormings. Du erhältst viel mehr Ergebnisse und stellst sicher, dass alles, was ihr veröffentlicht, auch für eure Customer Journeys relevant ist.
Auch zu diesem Thema kannst du meinen langen, ausführlichen Leitfaden lesen. Er erklärt, wie du im Team eine Customer-Journey-Content-Map entwickelst.
Als Vorbereitung für diese Aufgabe kannst du ebenfalls Kundeninterviews durchführen. Außerdem bekommst du durch eine SEO-Keyword-Recherche wertvolle Erkenntnisse über den Informationsbedarf deiner Zielgruppen. Hier beschreibe ich, wie du bei einer SEO-Keyword-Recherche vorgehst.
Beginne mit einem Grundgerüst
So, das wars schon: Strategie fertig! Ist gar nicht so furchteinflößend, oder?
Wie lange du dafür brauchst, hängt hauptsächlich davon ab, wie gut (realistisch, vollständig, aktuell) euer Wissen über eure Zielgruppen schon ist. Wenn ihr da fit seid und eure Augen und Ohren schon offen hattet, kannst du die Strategie in einigen Tagen erstellen. Wenn ihr erst noch einige Runden mit Interviews drehen müsst, dauert es bei den Personas länger.
Egal, wie ihr es anstellt: Die erste Version der Strategie ist wahrscheinlich noch lückenhaft. Ihr könnt zu Beginn nicht schon alles wissen. Das macht nichts. Es kommt darauf an, dass ihr ein Grundgerüst habt, mit dem ihr arbeiten könnt. Und dass das, was drinsteht, Fakten sind und keine Wünsche oder Vermutungen. (Wenn, dann begründete Vermutungen, die als solche gekennzeichnet sind.)
Halte dich nicht zu lange damit auf, schreib nicht Wochen daran rum und feile an Details. Fang an, damit zu arbeiten.
Die Strategie anwenden
Zuletzt liefere ich dir ein paar Tipps, wie du die Content-Marketing-Strategie im Alltag einsetzt.
Den Redaktionsplan erstellen
Das nächste Tool im Content-Marketing-Prozess ist der Redaktionsplan (und Distributionsplan). Er ist nicht mehr Teil der Strategie, sondern zählt zum operativen Bereich.
Jetzt kannst du dir konkrete Ergebnisse als Ziel setzen und überlegen, wie viel und was du dafür tun musst, und wie viele Ressourcen du hast. Du erstellst im einfachsten Fall eine Liste, in der du Folgendes notierst:
- Thema des Contents
- kurze Inhaltsangabe
- Content-Format
- Kanäle zur Veröffentlichung
- Fristen für Produktion und Veröffentlichung
Hier gibt es einen ausführlichen Leitfaden für den Redaktionsplan.
Die Themen und Formate leitest du natürlich aus der Customer-Journey-Content-Map ab. Hake in der Map die Themen ab, zu denen du schon Content produziert hast. So seht ihr eure Fortschritte bildlich vor euch.
Wenn ihr schon eine Menge bestehenden Content habt, führt am besten einen Content-Audit (Anleitung!) durch. Eventuell wollt ihr zuerst euren Content optimieren, bevor ihr neuen produziert.
Content priorisieren
Deine Strategie hilft dir auch dabei, Content zu priorisieren. Schaue deine Personas und deine Content-Map an und frage dich zum Beispiel:
- Welche unserer Personas hat den größten Bedarf? Bei welcher verkaufen wir am leichtesten?
- In welcher Phase der Customer-Journey besteht der größte Informationsbedarf?
- Welche (unbeantworteten) Fragen stellen bisher das größte Kaufhindernis dar?
- Auf welchem Kanal würde Persona nach einer Antwort suchen, und in welcher Form würde sie sie erwarten?
Solche und weitere Fragen helfen dir, deine knappen Ressourcen dort einzusetzen, wo sie am meisten bewirken.
Content konzipieren und schreiben
Wenn du Content konzipierst und produzierst, wenn du etwa Texte schreibst, kannst du Personas ebenfalls nutzen: Präge sie dir gut ein (oder lege sie vor dich auf den Schreibtisch) und stelle dir vor, du redest direkt mit einer davon. Schreib so, wie wenn du ein Gespräch mit ihr führen würdest und versuch dir vorzustellen, wie sie darauf reagiert.
Überleg dir, was sie schon weiß und was nicht, aus welchem Blickwinkel sie ein Thema sieht, welche Argumente bei ihr ziehen und welche nicht, womit du ihr eine Freude machen kannst, und so weiter.
Wenn du freie Texter beschäftigen willst, die deine Kunden nicht kennen, kannst du ihnen mit Personas ein lebhaftes Bild von ihnen vermitteln.
Fokussiert bleiben
Die Strategie hilft dir, dich auf dein Ziel zu konzentrieren und dich nicht zu verzetteln und deine Ressourcen zu verschwenden. Oft werden tausend Content-Ideen und gutgemeinte Vorschläge an dich herangetragen: Der Chef findet dieses Thema ganz spannend und ein großer Kunde möchte was zu jenem Thema haben.
Ob eine Idee gut ist, kannst du ganz einfach anhand von deinen Personas und der Content-Map herausfinden: Würde dieser Content eine Frage beantworten, die unsere Personas haben und die uns hilft, sie zu loyalen Kunden zu machen? Falls nicht, ist es keine gute Idee – und du kannst sie begründet ablehnen. Falls ja, gibt es vielleicht trotzdem andere Themen, die momentan viel wichtiger sind und mehr Erfolg versprechen – und auch dann kannst du die Idee mit gutem Grund ablehnen.
Verbessere deine Strategie regelmäßig
Wie zuvor erwähnt, ist deine Strategie eine erste Version, ein gewissenhafter Entwurf. Bleib nicht dort stehen. Versuche, laufend mehr über deine Kunden zu erfahren: indem du mit Kolleginnen und Kollegen sprichst, mit Kunden sprichst, immer wieder Interviews führst, und die Ergebnisse und das Feedback auf deinen Content analysierst und auswertest.
Arbeite deine neuen Erkenntnisse regelmäßig in die Strategie ein; überarbeite und ergänze deine Personas und die Content-Map. Strategie ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess.